Wie ein „unendlicher Moment“ – so wirken die Bilder von Steffi Deparade-Becker. Dieser Widerspruch in sich appelliert an Empfindungen, die wohl jeder kennt. Eine ungewöhnliche Stimmung in der Natur, ein besonderer Punkt in einer Beziehung oder auch eine unmittelbare Gefahr können sie hervorrufen. Die Gesetze von Raum und Zeit scheinen in einem solchen Fall außer Kraft gesetzt, der Augenblick wird zum Lichtjahr. Und manchmal gelingt es sogar, solche „unendlichen Momente“ auszudrücken – etwa auf Bildern. „Spiegelung II“ beispielsweise – flächenhaft, von einer horizontartigen Teilung dominiert – mutet mit seiner rötlichen bis pinkfarbenen, aber auch bläulichen Farbgebung wie eine eisige, schöne Landschaft an, die unendlich still und ohne Bewegung ist. Auch die anderen Bilder senden einen Zauber aus und zu­gleich den Impuls, dass ein solcher „Mo­ment“, eine solche Stimmung, wohl nicht von Dauer ist. 

Steffi Deparade-Beckers Bilder gliedern sich in horizontal und vertikal angelegte, fein komponierte Farbräume. Sie appellieren an das Assoziationsvermögen des Betrachters. „Städtisches“, „Landschaftliches“, „Natur­haftes“ steht im Zentrum des Interesses der Künstlerin. Die Arbeiten zeigen Weite, lassen die Augen bis zum (malerischen) Hori­zont wandern. Mitunter erinnern sie auch an die Fensterblicke, wie man sie aus der Malerei der Romantik kennt. Der Phantasie des Betrachters überlassen bleibt, ob die „Spiegelungen“ durch das Wasser eines Sees oder Glas hervorgerufen werden. Und eine leichte Verschwommenheit im Malerischen, die man auch als Anlehnung an die Wahr­nehmung beim Blick aus dem fahrenden Zug oder Auto interpretieren könnte, unterstreicht die Unbestimmtheit.

Einen besonderen Reiz beziehen die Arbei­ten Steffi Deparade-Beckers aus der subtilen Verbindung von Malerei und Collagen. Letz­te­re offenbaren sich oft erst nach ge­nau­em Hinschauen. Sie sind „verborgen“ in den sich überlagernden malerischen Flächen und kaum noch sichtbar. So ergibt sich für den Betrachter eine von der Malerei dominierte Struktur, die mal transparenter, mal intransparenter ist. Folglich kann und sollte man die Bilder aus zwei Perspektiven betrachten – aus der Ferne und aus der Nähe. Im aus der Distanz als schöne Landschaft Wahrgenommenen entdeckt man möglicherweise dann noch zusätzliche, unvermutete Bedeutungen. Unter Um­stän­den steht da das Gen-Schaf Dolly, oder man wird an den 11. September erinnert. Es sind Rudimente von Zeitungs- und Zeit­schrif­ten­fotos sowie auch Textteilen, die oft sogar Anlass für das Bild waren. Allerdings werden sie in den Hintergrund „verbannt“ – ein Hinweis wohl auch darauf, wie solche Er­eig­nisse direkt und besonders indirekt alle Bereiche des heutigen Lebens beeinflussen. 

 

Nach einem Text von Lisa Werner-Art