Die großen, mit figurativen Darstellungen von inneren Zuständen bemalten Glas­scheiben fordern uns heraus. Nichts ist eindeutig, Vielschichtigkeit ist gewollt – und damit auch die aktive Auseinandersetzung mit dem Gesehenen. Jeder Blickwinkel zeigt uns eine andere Perspektive – auch im über­tragenen Sinne. Die Figuren nehmen sich Raum, passen sich im nächsten Mo­ment ihrer Umgebung an – das macht sie so menschlich.

Alle Doppelbildplastiken haben ihren eigenen Charakter und sind je nach Stimmung mal bedrohend, mal Schutz suchend, haben auf jeder Seite ihre ganz eigene Anmutung. Diese zwei Seiten sind uns ebenso wenig fremd, auch wenn wir sie nicht so offen zur Schau stellen.

Lea Oetken bezeichnet mit ihrer eigenen Wortschöpfung „Doppelbildplastik“ zweiseitige Gemälde, die den An­spruch haben, als bildhauerische Arbeit im Raum zu stehen. Zuordnungen zu Ma­le­rei oder Bild­hauerei werden aufgehoben.

Doppelbildplastiken zeigen uns Gemüts­zu­stände, sie sind auf der einen Seite zart und hell, auf der anderen Seite dunkel und ge­heimnisvoll. Manche erscheinen uns als Ritter, König oder Sportler, andere als Aus­geburten unserer Phantasie, manche voller Sym­bolik, andere ohne greifbare Asso­zia­tionen. Gemeinsam ist ihnen die Farbigkeit. Stets in ocker, gold, beige gehalten, mit schwarzen oder weißen Konturen stehen sie selbstbewusst nebeneinander oder verbinden sich zu Gruppen.

Eine Seele erinnert sich. Stets verarbeitet Lea Oetken eigene Erfahrungen, Ein­drücke und Wünsche. Seit über 20 Jahren arbeitet sie an ihrem Figurenzyklus, 100 Arbeiten wird es bis zur Fertigstellung ge­ben. Oft entwickeln sich die Bilder weiter, auch wenn sie schon als vollendet galten. Veränderte Lebenssituationen der Künst­lerin finden Eingang in die Malerei, wenn Zustandsbeschreibungen nicht mehr stimmig sind. Gefangen in Meta­mor­pho­sen – oder bereit für das Leben.

 

Sabrina Buchholz