Archaische Formen, Reduzierung auf das Wesentliche. Renate U. Becker spürt den im Holz innewohnenden Formen nach und verbindet sie mit den Raku-Aufbauten zu eigenständigen Skulpturen. Sie verwendet kein frisches Holz, sondern Holz, das uns einst Schutz gewährte. Die Balken erzählen von den Jahrhunderten, haben Freud und Leid gesehen. Die Geschichte hat ihre Spuren hinterlassen und sich tief ins Holz gegraben – die Balken sind nicht frei von Makel. Schon dadurch wurden sie zu einmaligen Objekten. Renate U. Becker haucht ihnen neues Leben ein, die aufgesetzten Raku-Elemente machen sie zu Individuen. Nur andeutungsweise verleiht sie den Skulp­turen menschliche Gesichtszüge und lässt uns so genügend Freiraum für die eigene Phantasie. Einige Köpfe muten altertümlich an – wir assoziieren die großen Sitzfiguren der Pharaonen, Götzen­bilder, Fetische oder Grabbeigaben.

Die Eigenheiten der Hölzer, ihr Charakter, ihre Verletzungen, Astlöcher oder Zargen werden zu stilbildenden Elementen. Das Holz geht mit dem Ton eine herrliche Symbiose ein. Die besondere Raku-Technik, die das offene Feuer braucht, überträgt diese Urgewalt direkt auf das Objekt. Flammende Effekte auf der Oberfläche entstehen. Wie Phönix aus der Asche entsteht eine neue Skulptur aus Feuer, Erde, Holz. Der Gegensatz zwischen polierten und aufgebrochenen Formen ist bewusstes Stilmittel und verstärkt den archaischen Eindruck der Skulpturen.

Durch die Reduziertheit der Formen drängt sich der Gedanke auf: „Was genügt uns, um einen Kopf als Kopf wahrzunehmen? Was macht ein menschliches Antlitz aus?“

 

Sabrina Buchholz